Kapitel 3 - Wind und Turbulenzen


Der Wind hat entscheidenden und unmittelbaren Einfluss auf jeden Flug. Mit steigender Windgeschwindigkeit wird es immer schwieriger die Position zu halten, sowohl für die automatische Steuerung als auch für die manuelle. Dies hat zur Folge, dass der Flug anspruchsvoller wird, das Risiko die Kontrolle zu verlieren steigt und es unter Umständen zu Unfällen kommen kann.

Darüber hinaus sinkt auch die Akkulaufzeit, weil das U.A.S. deutlich mehr „arbeiten“ muss, um dem Wind zu trotzen. Das muss bei der Flugplanung entsprechend mitberücksichtigt werden.

Es besteht keine einheitliche gesetzliche oder operative Regelung, ab welcher Windstärke nicht mehr geflogen werden darf. Dies ist stark von mehreren Faktoren abhängig. 

Zu berücksichtigen sind unter anderem folgende Faktoren: 

  • Type des U.A.S. 
  • konkrete Wetterbedingungen
  • Flugerfahrung des Piloten bzw. der Pilotin 

Grundsatz: Die Grenzwerte für das jeweilige U.A.S. können in der Regel im Betriebshandbuch nachgelesen werden.

Unter Berücksichtigung der Erfahrung des jeweiligen Drohnenpiloten bzw. der jeweiligen Drohnenpilotin kann die folgende Faustregel als grober Richtwert herangezogen werden:

Höchstgeschwindigkeit d. Drohne * 0,35 = sicher
Höchstgeschwindigkeit d. Drohne * 0,5 = geht klar
Höchstgeschwindigkeit d. Drohne * 0,75 = grenzwertig
Alles darüber = zu gefährlich

Die maximale Fluggeschwindigkeit (Höchstgeschwindigkeit) des U.A.S. findet sich im Betriebshandbuch. 

Definition und Messung:

Unter Wind versteht man die horizontale Komponente der Luftbewegung. Es werden dabei die beiden Größen Windrichtung und Windgeschwindigkeit unterschieden. Hauptursache der Windentstehung sind großräumige Luftdruckunterschiede. Diese Druckunterschiede resultieren im Wesentlichen aus der ungleichen Erwärmung der Erdoberfläche.

Die Messung des Bodenwindes erfolgt in hindernisfreiem Gelände 10 m über Grund. Höhenwinde werden mit Radiosonden gemessen, aber auch Flugzeuge liefern Wind- und Temperaturmessungen entlang ihrer Flugstrecke.

Anemometer misst Windrichtung / Geschwindigkeit

In der Luftfahrt wird die Einheit Knoten [kt] verwendet. Ein Knoten entspricht einer zurückgelegten Wegstrecke von einer Seemeile [sm] pro Stunde. 

Es gelten folgende Umrechnungsformeln:
                   1 sm = 1,852 km = 1.852 m

                   1 kt = 1,852 km/h = 0,514 m/sek.

Die Windrichtung gibt an, aus welcher Richtung (bezogen auf den geografischen Nordpol) der Wind weht. Die Angaben erfolgen in der Regel anhand der 360°-Skala.

Windrose (Kompass)

Als Maßeinheit für die Windstärke wurde 1805 die Beaufort-Skala eingeführt, welche Werte von 0 (Windstille) bis 12 (Orkan) aufweist. Die Umrechnung und die Schwellenwerte ergeben sich wie folgt:

In Bodenwetterkarten wird in der Luftfahrt der Windfieder benutzt, der ähnlich wie römische Zahlen funktioniert. Ein großer Strich bedeutet 10 kt, ein kleiner 5 kt. Dreiecke symbolisieren 50 kt. Die Windrichtung ergibt sich aus der Richtung der Windfieder. Die Windfieder selbst weisen immer zum tiefen Luftdruck.

Windfieder

Barisches Windgesetz

Wie bereits angesprochen gibt es einen engen Zusammenhang zwischen dem Wind und dem Isobaren Verlauf

Bei geradlinigen Isobaren ist die Windgeschwindigkeit auf der Nordhalbkugel: 

  • um so stärker, je größer die so genannte Druckgradientkraft ist, d.h. je geringer der Abstand der Isobaren ist 
  • (Die Druckgradientkraft, ist die geophysikalische Ursache für den Wind als Ausgleichsströmung der Luft zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet.)
  • bei gleichem Isobarenabstand größer in niedrigen Breiten
  • wenn der Wind in den Rücken weht, dann ist der tiefe Druck (Tiefdruckgebiet) links des Betrachters
  • die Windrichtung ist oberhalb der Bodenreibungsschicht parallel zu den Isobaren
Das Barische Windgesetz kann also bei der Lokalisierung von Hoch- und Tiefdruckgebieten helfen und damit auch bei der weiteren großräumigen Beurteilung der Wettersituation: d.h. kehrt ein Beobachter dem Wind den Rücken zu, so befindet sich in Blickrichtung vorne links das Tiefdruckgebiet und hinten rechts das Hochdruckgebiet.

Aus einer Isobarenkarte kann man Rückschlüsse über den Wind gewinnen. Das soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: In der nachfolgenden Karte sind die Isobaren als schwarze Linien eingezeichnet. Es sind zwei geographische Bereiche (1 und 2) eingezeichnet, bei welchen die Voraussetzungen erfüllt sind: weitgehend geradlinig verlaufende Isobaren und gleiche geographische Breite. 

Die Windstärke ist im Bereich 1 wesentlich höher als im Bereich 2, weil dort deutlich mehr Isobaren vorhanden sind. In Bezug auf die Windrichtung weht im Bereich 1 ein Südwestwind (der tiefe Druck liegt links des Betrachters, westlich Islands). Im Bereich 2 weht ein Ostwind, weil der tiefe Luftdruck im Süden – also wieder links des Betrachters – liegt.

Wird im zeitlichen Verlauf der Isobarenabstand geringer, dann nimmt die Windgeschwindigkeit zu, weicht der Druckgradient auf – wird der Abstand größer – dann nimmt die Windgeschwindigkeit ab.

Beispiel - Isobarenkarte

Einfluss der Reibung

Der Einfluss der Reibung wird durch die Rauigkeit der Erdoberfläche verursacht. Diese bremst den Wind in Bodennähe ab, wodurch es zu Verwirbelungen und Turbulenz kommen kann.

In der Reibungsschicht (vom Erdboden bis etwa 1.000 / 1.500 m über Grund) wird die Luftströmung infolge von Reibung modifiziert. Die Windgeschwindigkeit ist dann geringer als in der Höhe und abhängig von der Rauigkeit des Geländes

Höhenabhängige Veränderung der Windgeschwindigkeit

Faustregel für die Nordhalbkugel: Im Vergleich zur Bodennähe (Ground Level) verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit bis zu einer Höhe von 1.000 m über Grund (AGL - Above Ground Level) und die Windrichtung dreht sich um etwa 30° nach rechts. 

Zum Beispiel: Weht am Boden ein Wind aus 230° mit 8 kt, so ist oberhalb der Reibungsschicht, also in einer Höhe von ca. 1.000 m (3.280 ft.) AGL, mit einem Wind aus 260° und 16 kt zu rechnen.

Zu bedenken ist dabei, dass der Reibungseinfluss nicht überall gleich groß ist. Über großräumigen Wasserflächen kann die Reibung fast vernachlässigt werden. Die Windgeschwindigkeit nimmt nur um 30% zu und der Wind dreht nur um 10 Grad nach rechts.

Im alpinen Gelände setzen andere überwiegende Effekte die Regel hingegen häufig ganz außer Kraft. 

Lokale Windsysteme

Lokale Windsysteme können von Bedeutung sein, wenn eine „schwach gradientige“ Wetterlage vorliegt. Dies bedeutet, dass auf der Bodenwetterkarte nur wenige Isobaren vorhanden sind, sodass der dadurch verursachte Wind nur schwach ausgeprägt ist.

In solchen Fällen können sich lokale Windsysteme ausbilden, die ihren Antrieb im Wesentlichen aus der unterschiedlichen Erwärmung von Land- und Seemassen oder Tälern und Bergen im Hochgebirge beziehen. Grundsätzlich entwickelt sich dabei mit der unterschiedlichen Strömung ein flaches, wenige hundert Meter hochreichendes Windsystem, wobei die Strömung immer von kalt nach warm gerichtet ist.

Als Beispiel eines dieser Systeme sei der Seewind genannt. Er beginnt in der Regel im Laufe des späten Vormittags, wenn sich das Land gegenüber dem Wasser stark aufgewärmt hat. Als Folge setzt die Seebrise ein, die dann eine Abkühlung bringt, aber bei vorhandener Labilität auch schwache Schauer auslösen kann.

Der Seewind wird auch deshalb explizit erwähnt, weil mit dem Seewind besonders im Frühjahr ein plötzlicher Nebeleinbruch verbunden sein kann, der den visuellen Blickkontakt mit der Drohne unterbinden kann.

Land - Seewind - Zirkulation

Andere störende Windsysteme sind Windkanalisierungen in großen Gebirgstälern. Als bekannter Vertreter dieses Phänomens in Europa sei hier der Mistral erwähnt, der besonders im Bereich der Provence und im südlichen Teil des Rhonetals (Frankreich) bei einer nördlichen Grundströmung, für sehr starke und böige Winde verantwortlich ist.

Turbulenz

Unter Turbulenz versteht man einen Strömungszustand, in dem sich Wirbel bilden und wieder auflösen. Turbulenz ist nicht auf Luftströmungen beschränkt; sie sind unter anderem auch im Wasser zu beobachten. Zum Beispiel, wenn man von einer Brücke die Strömung hinter dem Brückenpfeiler betrachtet, kann man die Verwirbelungen des Wassers (Turbulenzen) erkennen.

Turbulenzen treten besonders häufig hinter Hindernissen oder in Bodennähe auf, speziell bei unebenen oder wechselnden Untergründen. Wird das U.A.S. von Turbulenzen erfasst, kann es dabei in kurzer Zeit sowohl horizontal als auch vertikal versetzt oder gar um die Hochachse gedreht werden.

Da in dieser Situation die Reaktion des U.A.S. nur schwer vorauszusehen ist, muss sehr schnell reagiert werden. Hier helfen Erfahrung und Übung, weil man in solchen Situationen leicht die Orientierung verliert, was einen Absturz oder sogar Totalverlust nach sich ziehen kann.

Reibungsturbulenz wird durch die Bodenreibung verursacht – die damit verbundenen Wirbel werden mit der Strömung fortgetragen, bevor sie sich wieder auflösen. Sie ist um so größer, je höher die Grundgeschwindigkeit des Windes ist. Diese Turbulenzart kann weder zeitlich noch räumlich vorhergesagt werden.

Thermisch bedingte Turbulenz resultiert aus der Tatsache, dass sich die Erdoberfläche mit der Sonneneinstrahlung nicht gleichmäßig erwärmt. Über Sand- und Felsflächen oder auf der sonnenbeschienenen Hangseite ist die Erwärmung größer. Dort können bei labiler Schichtung Warmluftblasen nach oben steigen. Die damit verbundenen Aufwinde können das Steuern des U.A.S. erheblich erschweren. Gerät man mit einem U.A.S. in einen starken Aufwind, so kann dies den Abstieg erschweren oder diesen sogar unmöglich machen.

Oft ist es so, dass thermische Turbulenz und Reibungsturbulenz „Hand in Hand“ arbeiten: mit den Aufwinden werden die durch Reibung hervorgerufene Wirbel mit nach oben getragen.

Orographisch bedingte Turbulenz (Föhn) kann beim Überströmen von Hindernissen hervorgerufen werden. Es bilden sich dabei auf der windabgewandten Seite des Gebirges Leewellen, die manchmal anhand der Lenticularis-Wolken sichtbar werden. In den bodennahen Luftschichten können starke „Rotoren“ auftreten, die aufgrund ihrer Stärke alle anderen Turbulenzarten „in den Schatten“ stellen. Die Turbulenz ist in der Regel um so stärker, je stärker der senkrechte Anteil des Windes auf den Gebirgskamm ist.